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Dienstag, 30. Juni 2009

Koolhaas und sein Seoul

Die besten Perlen entdeckt man zufällig. Beim Zappen vorm Insbettgehen entdecke ich einen koreanischen Palast bei CNN, bleibe hängen und da sitzt Rem Koolhaas. Seines Zeichens weltbekannter Architekt und Harvard-Professor. Und was macht er? Zunächst eine Weile über den Westen lästern, der ihn nicht versteht und seine Kunst behindert.
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Und dann führt er die CNN-Reporterin durch "sein Seoul". Und diese Dokumentation zeigt, wie man Seoul richtig bewirbt. Nicht mit lächelnden Models und sauteuren Kampagnen. Man nimmt einen weltbekannten Prominenten und lässt ihn sehr persönlich über Aspekte Seouls reden. Das hinterlässt Eindruck. Ich hoffe fast, dass die Stadt Seoul dieses Interview, das weltweit ausgestrahlt wird, finanziert hat.
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Da sitzen sie also im Garten des süßen Gyeonghuigung-Palastes vor dem Prada Transformer udn sprechen ganz ungezwungen über Kunst. Und darüber, dass er im Westen nicht mehr arbeiten kann und will. Dort wolle man, dass ein Gebäude ewig halte, wunderschön sei, nicht verstöre und möglichst nichts kosten solle. Dies aber entspreche seinem Kunstverständnis in keiner Weise. Ebenso wenig wie er sich damit abfinden kann, dass im Westen Funktionalität und Rationalität einer Stadt verdammt werden, ohne die Chancen und Vorteile der "generic city" auch nur zu überdenken. Wie wahr, wie wahr!
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Und dann gehts weiter: Sein selbsternanntes Lieblingsprojekt ist nicht etwa das im Westen viel beachtete CCTV-Center in Peking, sondern das Kunstmuseum der Seoul National University, ein Gebäude das über dem Campus zu schweben scheint und den Durchgang zwischen den Campusteilen ermöglicht.
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Was würde Koolhaas ändern an Seoul?
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Nichts. Egal, wo man etwas ändert, irgendwo anders wird schon wieder gebaut. Seoul ist nicht kontrollierbar, nicht planbar - und das ist sein Reiz. Er lobt trotzdem ausdrücklich punktuelle Projekte, die konkreten Nutzen für die Stadt haben.
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Was ist der Charakter der Stadt?
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Genau der ständige Wechsel: Es wird immer Viertel geben, die sich entwickeln, immer welche die zurückhängen - und noch viel wichtiger: Seoul ist keine geplante Stadt. Selbst im Zentrum wird es immer heruntergekommene Hüttchen geben und selbst in den sogenannten Armenvierteln wird es immer Glitzerpaläste geben. Dadurch bleibt die Stadt immer gemischt, immer authentisch und original. Ein sehr interessanter Punkt, wie ich finde, den jeder täglich auf der Straße sehen kann, der aber selten als positiver Punkt hervorgehoben wird. Ich kenne aber tatsächlich keine Stadt, in der einfache Leute und Oberschicht so beieinander, ineinander verwoben agieren wie in Seoul.
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Nicht zuletzt sei es trotz Funktionalität gerade das Chaotische, Unübersichtliche und Unvorhersehbare, das den Reiz einer Stadt ausmache. Dies sei in vielen westlichen Städten bereits fast vollständig ausgerottet worden. Wenn ich mir deutsche Städte mit ihren Denkmalschutzvorschriften anschaue, glaube ich zu verstehen, was Koolhaas meint.
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Was mag er an Seoul, als Architekt?
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Koolhaas sagt, dass es keine andere Stadt mit einer solchen natürlichen Schönheit gebe. Egal wie man baue, man habe immer wunderbare Aussichten, Sichtwinkel und Landschaften überall, weshalb man immer einen Anfang für seine Planungen hat und immer Anhaltspunkte. Es gibt die Geschichte, dass Koolhaas das große Panoramafenster in einer Vorlesungshalle verkleinert hat, weil er Angst hatte, dass alle Leute nur noch das beeindruckende Bergpanorama draußen beachten und niemand mehr auf den Vortragenden hört.
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Was ist am bauen in Korea so besonders?
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Freiheit. Zwar habe er auch in Korea keine Carte Blanche gehabt, die 10 Millionen Dollar nicht nach freiem Dünken ausgeben können. Aber, und das ist ihm sehr wichtig: Er kann bis zum letzten Moment noch Details ändern und so ein perfektes Ergebnis abliefern, mit dem er zufrieden ist. Dies könne man außerhalb von Asien nicht.
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Alles in allem ein wirklich beeindruckender Mann, der mit wenigen Worten und einer ruhigen Art, ziemlich deftige Argumente liefert. Und nicht zuletzt, merkt man, dass der Mann Seoul wirklich gut kennt. Ganz bestimmt nicht das übliche "Ich esse gerne Bulgogi, alle Koreaner sind toll"-Interview.
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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Leider bleibt bei Reisenden - ua. wegen der Architektur - oft ein anderer Eindruck:
Lonely Planet